Finger- statt Laufbandtest?

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Warum Langfinger schnell laufen...
...und Frauen auf die Hände schauen

(11.10.2006)

Handlesen statt Leistungstest?

Klingt zunächst plausibel, dass Langfinger flink sein müssen, denn wer öfters Fersengeld geben muss, wird sich eher fit halten. Allerdings geht es hier nicht um schnelle, schwere Jungs aus dem Ghetto, sondern in der Tat um die Fingerlänge. Also noch einmal: kann man mit längeren Fingern wirklich schneller laufen? Nicht unbedingt, aber es hängt offenbar davon ab, welcher länger ist! Das Schicksal aus dem Kaffeesatz oder Horoskop, beim Blei gießen oder auch von der Wahrsagerin aus der zu Hand lesen ist ein beliebter Spass, den nicht wenige wirklich ernst nehmen. Vielleicht ist sogar mehr dran, als man zunächst glaubt. Wenn das stimmt, was britische Forscher nun herausgefunden haben, dann erübrigen sich bald Leistungsstests oder komplizierte Muskelbiopsien, um herauszufinden, wer für Sport talentiert ist. Ein einfacher Fingertest könnte schon genügen? Und warum Frauen den Männern auf die Hände schauen, erscheint nach diesen Befunden auch in einem anderen Licht.

Natur- oder Sozialwissenschaftler?

Aus dem Verhältnis von Zeigefinger zu Ringfinger wurden schon die unterschiedlichsten geistigen oder sexuellen Fähigkeiten, aber auch Anfälligkeiten für Erkrankungen herausgelesen. Das Verhältnis von Zeige- und Ringfingerlänge wird durch die Konzentration und das Verhältnis der Geschlechtshormone Östrogen und Testosteron bereits im Mutterleib bestimmt. Je mehr Testosteron die Mutter oder der Embryo dabei bildet, desto länger wird sein Ring- im Verhältnis zum Zeigefinger. Die Fingerlänge ist also offenbar nur ein hormoneller Nebeneffekt der bereits im Mutterleib ausgeschütteten Hormone. Ist dagegen der Zeigefinger länger, ist im Durchschnitt der Östrogenspiegel höher. Männer haben im allgemeinen mehr Testosteron als Östrogene und daher längere Ringfinger als Frauen, die eher ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Östrogen- und Testosteronmenge aufweisen. Wissenschaftler haben nun auch festgestellt, dass Testpersonen mit längeren Zeigefingern häufiger naturwissenschaftliche Fächer wie Mathematik und Physik unterrichten. Die Hormonwerte der Naturwissenschaftler glichen somit eher den typischen Hormonwerten von Frauen. Die Akademiker mit längeren Ringfingern waren dagegen öfter in den Sozialwissenschaften tätig. Der Grund: Testosteron begünstigt die Entwicklung von Sprachfähigkeit und sozialer Kompetenz, vermutet der Wissenschaftler Mark Brosnan. Bei untersuchten Sozialwissenschaftlerinnen lagen die Testosteronwerte ebenfalls über dem weiblichen Durchschnitt.


Langer Ringfinger und körperliche Gewalt

Auch der Hang zur Aggressivität wird zumindest teilweise hormonell gesteuert. Das erforschten Bailey und Hurd von der Universität von Alberta in Edmonton mit 300 jungen Männern und Frauen. Die Forscher ließen dabei Fragebögen ausfüllen, um aggressive Tendenzen aufzudecken. Die Ergebnisse wurden ebenfalls mit dem Längenverhältnis von Zeige- und Ringfinger der Teilnehmer verglichen. Zwischen verbaler Aggressivität oder Feindseligkeit und Fingerverhältnis gab es keinen Zusammenhang, dagegen ging ein Hang zu körperlicher Gewalt eindeutig mit einem männlicheren Fingerlängenverhältnis einher. Es sei jedoch falsch anzunehmen, von der Fingerlänge könne direkt auf den Charakter einer Person geschlossen werden: "Die Fingerlängen erklären etwa fünf Prozent der Charaktervariationen bei solchen Eigenschaften" kommentiert Studienleiter Peter Hurd.

Sportliche Fitness und Fingerlänge

Nun hat sich eine britische Wissenschaftlergruppe um Dr. Tim Spector im St. Thomas Hospital in London der naheliegenden Frage angenommen, ob es auch einen Zusammenhang mit der sportlichen Leistungsfähigkeit gibt. Dazu untersuchten sie 607 Frauen (Zwillinge) mit einem Alter von 25 bis 79 Jahren (Durchschnittsalter 54 Jahre) auf ihr sportliches Talent und dem Verhältnis von Zeige- zu Ringfingerlänge. Dieses wurde durch Röntgenanalyse der rechten und linken Hand genau ermittelt und zur selbsteingeschätzten sportlichen Leistungsfähigkeit in verschiedenen Sportarten gesetzt. Ein Fragebogen diente der Ermittlung des sportlichen Leistungsniveaus mit einer 5-teiligen Abstufungsskala für 11 Sportarten. So wurde beispielsweise für Fussball erfragt, bis in welche Liga ggf. die Frauen kamen. Die Laufleistung korrelierte negativ und statistisch signifikant mit dem Verhältnis von Zeige- zur Ringfingerlänge. Oder anders ausgedrückt: je kürzer der Zeige- zum Ringfinger, desto besser konnten die Frauen laufen. Auch für Fussball und Tennis fand man eine signifikante Korrelation. In früheren Studien konnte ähnliches bereits für Männer festgestellt werden. So hatten Fussballprofis längere Ringfinger als Amateure und bei Fussballern internationalem Formats war das sogar noch eindeutiger!

Warum Frauen Männern auf die Finger schauen...

Wie das allerdings miteinander zusammenhängen soll, können die Forscher einstweilen noch nicht ganz erklären. Die Fingerlänge ist jedenfalls nur ein Marker. Wie andere Studien zeigten, beeinflusst das Hormonverhältnis in der Embryonalzeit die körperliche Entwicklung und das spätere Verhalten. So sind Männer mit relativ längerem Ringfinger im Schnitt körperlich nicht nur leistungsfähiger, sondern werden von Frauen eher als maskulin oder dominant beschrieben. Da im Test von Dr. Tim Spector Zwillinge untersucht wurden, konnte allerdings auch ein genetischer Zusammenhang nachgewiesen werden. Das ist auch zu erwarten, denn das sportliche Talent wird bekanntlich vererbt.

Literatur:

Simon N. Paul, Bernet S. Kato, Janice L. Hunkin, Sindu Vivekanandan and Tim D. Spector - The Big Finger - The second to fourth digit ratio (2d:4d) is a predictor of sporting ability in females - Br J Sports Med. Published Online First: 28 September 2006.

Mark Brosnan - British Journal of Psychology (Bd. 95, Teil 4)

Allison Bailey, Peter Hurd Biological Psychology (Bd. 68, Nr. 3, S. 215)

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