Nachtrag New York Marathon 2009
Keflezighi nicht weiß genug?

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Copyright für Text und Fotos: Herbert Steffny
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Wie weiß muss ein US-Sieger sein?
Ein Kommentar zum postrassistischem Geunke im Einwanderungsland
(9.11.2009)

Ebony and ivory - live together in perfect harmony,
side by side on my piano keyboard, oh lord, why don't we?

(Songtext von Paul McCartney gesungen mit Stevie Wonder 1982)


Meb Keflezighi - New York Sieger 2009 und Einwanderer aus Eritrea. "I'm glad I'm an American" meint er und USA steht auf seiner Brust, aber manchen ist er für einen Amerikaner nicht weiß genug.
(Foto Copyright: Herbert Steffny)

In amerikanischen Laufforen wurde bald nach dem Sieg des gebürtigen Eritraeers Mebrathom Keflezighi beim New York Marathon 2009 mehr oder weniger anonym geunkt, dass sein Erfolg eigentlich ein afrikanischer Erfolg sei. Klingt hier der Frust oder Minderwertigkeitskomplex der resignierenden Weißen angesichts der Flut hochmotivierter Afrikaner im Laufzirkus an? Wie weiß eingefärbt muss denn ein Amerikaner sein, dass es offenen Herzens als USA-Sieg verbucht werden kann? War nicht der letzte männliche hoch gehypte dreifache US-New York Sieger 1980-1982 Alberto Salazar ein über Miami mit zwei Jahren immigrierter Kubaner? Ist der US-Marathon-Rekordler Khalid Kannouchi (2:05:38 Stunden, London 2002) nicht ein eingewanderter Marokkaner? Nicht vergessen liebe Kritiker, die USA besteht eigentlich fast nur aus Einwanderern. Postrassistisches Gedankengut in einem Land, dass einen schwarzen Präsidenten mit kenianischen Wurzel hat?

African American - Nix Nigger!

Sonst gebietet doch in den Vereinigten Staaten die Etikette, dass in einem typischen amerikanischen Film oder Werbesport alle ethnischen Wurzeln vertreten sein sollten. Da agieren und lächeln Weiße, Schwarze, Hispanics und Asiaten harmonisch miteinander um die Wette. Friede, Freude, Eierkuchen... hinter vorgehaltener Hand heißen die Asiaten bei den rassistischen Weißen am Stammtisch dann aber doch "rice burners" oder die immigrierten Mexikaner "wet necks". Statt der offiziellen Sprechart "african americans" werden Afrika-stämmige Amerikaner immer noch als "nigger" beschimpft. Minderwertige Fische wie der Katzenwels gelten nicht nur in den Südstaaten abwertend als "nigger fish", die dunkle Paranuss heißt auch schon mal abfällig "nigger toe". Zum Glück ist die Mehrheit in den USA anders getaktet, sonst wäre Mbarak Obama heute nicht Präsident. Voraussetzung dafür aber ist, dass man in den USA geboren sein muss. Nun gut, die im Ausland geborenen Keflezighi, Khannouchi, Salazar und Co. treten zum Laufen und Marathon, nicht zur Präsidentenwahl an.


Die Sterne auf der USA-Flagge sind weiß. Der "weiße" Laufstar Ryan Hall wurde in New York 2009 Vierter. Gehört dem talentierten 2:06 Läufer die heimliche Liebe der frustrierten weißen US-Fans?
(Foto Copyright: Herbert Steffny)

Nur ein Indianer wäre ein echter US-Sieger!

Schade für die wohl mehrheitlich weißen Kritiker: genau genommen sind die "echten" Amerikaner gar nicht weiß, sondern rot! Um es ironisch puristisch auf die Spitze zu treiben: nur ein Sieg eines Indianers dürfte dann als "reinrassiger einheimischer Sieg" gelten! Sollte also nur noch der Olympiasieg des Sioux-Oglalas namens Billy Mills 1964 in Tokio über 10.000m in 28:24,4 Minuten gelten und in den USA gefeiert werden? Mitnichten, damals haben vor allem die in ihrer Würde gekränkten Indianer stolz gefeiert, eine Minderheit, die im Land der unbegrenzten Möglichkeiten(?) nahezu ausgerottet, gedemütigt und in Ghettos (Reservate) gepfercht wurde und dort zum nicht geringen Teil mit "Feuerwasser", also vom Alkohol ruhig gestellt wird und dahin vegetiert.

Made in USA - White man can run!

Dabei sieht es im Gegensatz zu Deutschland in den USA gar nicht mal so schlecht aus! Immerhin konnten sich unter den Top-Ten in New York insgesamt sechs US-Amerikaner platzieren, darunter vier "Weiße". Ryan Hall, den Vierten hätten manche in den USA vielleicht lieber ganz oben auf dem Treppchen gesehen. Die weißen US-Langstreckler befinden sich 2009 deutlich im Aufwind! In den diesjährigen 5.000 Meter Weltbestenlisten schoben sich die beiden "weißen" US-Amerikaner Dathan Ritzenheim (Zürich 12:56,27min) und Matthew Tegenkamp (Brüssel 12:58,56min) auf Platz fünf und zwölf vor. Bei der WM in Berlin holte aber nur ein "schwarzer Amerikaner" Medaillen. Der Ex-Kenianer Bernhard Lagat bedrängte den Äthiopier Kenenisa Bekele über 5.000 Meter bis zum Zielstrich. Über 1.500 Meter gewann er dazu noch Bronze. Hatten diese Medaillen nun einen schwarzen Schatten?


Nachbemerkung:

Übrigens: Keflezighi lernte das Laufen erst in den USA, nicht in Afrika! Er kam 1975 in der Nähe von Asmara in Eritrea als eines von 11 Kindern auf die Welt. Sein Vater wanderte mit der Familie aufgrund der politischen Unruhen und unsicheren Lage 1987 über Italien nach San Diego in Kalifornien aus. Mebrathom war damals 12 Jahre alt. Wegen seiner schlechten Sprachkenntnisse und seiner ungewöhnlichen Klamotten hänselten ihn die Schulkinder. Doch er suchte Kompensation beim Sport. Zunächst hatte er in Italien Fußball gelernt und hatte den brasilianischen Star Pele zum Vorbild. Doch dann fiel er mit 13 Jahren beim Schulsport bei einem Meilenlauf auf, den er in 5:20 Minuten rannte (=3:20min/km). Erst danach betrieb er geregeltes Lauftraining und wurde später US-Rekordler über 10.000 Meter (27:13,98 Minuten, 2001) und erzielte für die USA 2004 bei den Olympischen Spielen in Athen überraschend die Silbermedaille im Marathonlauf.

Mit der deutschen Weltklasse Marathonläuferin und früheren Kasachin Irina Mikitenko, die für Wattenscheid startet, hat er gemein, dass beide auch außerhalb der internationalen Meisterschaften meistens im Nationaltrikot starten. Und so betonte Keflezighi in der Vergangenheit auch immer: "I'm glad I'm an American"... soll vielleicht auch heißen: Liebt und akzeptiert mich doch endlich als einen von Euch!

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